Wie streiten wir richtig, Steffen Hahn?

Steffen Hahn ist der Gründer des ersten allgemeinen deutschen Debattierclubs, dem ADDC. Mit dem Club möchte er den Startschuss geben für eine neue Debattenkultur in unserer Gesellschaft. Wir besprechen wie man ein Streitgespräch für sich entscheiden kann, halten selbst eine Debatte ab und gegen Ende streiten wir auch in der Sache: Über Gesellschaft, Filterblasen und die Frage, ob es richtig ist, dass Politiker:innen ihre Meinung ändern.

Was machst du, wenn du mal wieder einem Menschen gegenüber stehst, der fundamental anderer Auffassung zu einem Thema ist?

Weggehen?
Dem Menschen deine Meinung geigen?
Oder einfach ignorieren?

Solche Situationen passieren mir seit Corona immer öfter…Wie auch immer du dich entscheidest, was bleibt, ist wahrscheinlich die Erinnerung an einen unangenehmen Moment.

Steffen Hahn liebt diese Situationen. Er versucht ihn gar nicht aus dem Weg zu gehen. Er organisiert diese Begebenheiten.
Steffen ist der Gründer des ersten allgemeinen deutschen Debattierclubs, dem ADDC. Zu debattieren, sagt er, ist nicht nur ein Hobby, es ist ein Mindset, wie wir mit unserem Gegenüber umgehen. Sein Ziel mit dem Verein ist es, die in seinen Augen kaum vorhandene deutsche Debattierkultur neu zu prägen.

Auch wenn wir fundamental anderer Meinung wären, erklärt er im Interview, wäre ein Gegenargument nur selten komplett unsinnig. Versuchen wir uns in die Gegenseite hineinzuversetzen, anstatt sie pauschal abzuwatschen, dann finden wir auch Argumente für sie. So würden wir Empathie spüren und lernen unser Gegenüber wertzuschätzen, bei aller Meinungsverschiedenheit.

Und tatsächlich, nach einer How-To Einführung wie debattieren funktioniert, wage ich im Podcast den Selbsttest mit ihm. Durch Zufall entsteht die Situation, dass wir beide das Gegenteil unserer eigenen Überzeugung vertreten müssen. Und das tun wir.

Sollten die Parkgebühren in Innenstädten angehoben werden? Was meinst du?

Rückblickend fühlt es sich gut an. Und das schreibe ich nicht nur so, es verändert tatsächlich etwas in mir. Ich muss mir die Gegenargumente selbst erarbeiten, das schafft Toleranz entgegen meiner Überzeugungen. Und das ist mit Sicherheit etwas, das vielen Menschen, ganz besonders online, gut stehen würde.

Auch darüber sprechen wir. Ich bin ganz seiner Meinung, dass die sozialen Medien ihren Teil dazu beitragen, dass wir uns anderen Meinungen weniger ausgesetzt sehen. Doch glaube ich auch, dass alleine diese Erkenntnis uns nicht weiter bringt. Wie können wir weitermachen ohne ein „Blame-Game“ zu spielen? Da sind wir uns nicht einig. Wir diskutieren engagiert und doch kommt es nicht zu einem „ach-komm-lass-gut-sein-Moment“. Denn wir gehen aufeinander ein, respektieren die Standpunkte und hören uns zu. Alles Dinge, die wir eigentlich als selbstverständlich ansehen sollten und sie doch so häufig selbst im engeren Familienkreis nicht sind.

Diskutieren macht Spaß, wenn wir uns an Regeln halten

So eine Diskussion führt man natürlich nicht spontan im Supermarkt oder mit Unbekannten auf der Straße? Oder…warum eigentlich nicht?

Mit seinem Verein möchte er das debattieren systematisieren, er nennt es mehrfach „ein Format“ nutzen. Das meint: Es gibt einheitliche Regeln, keiner fällt dem anderen ins Wort und jeder hat die gleichen Redeanteile. Am Schluss entscheidet eine Jury wer gewonnen hat. Nicht wer im Recht ist, sondern wer argumentativ überzeugt hat. Denn ein richtig oder falsch gibt es in den meisten Fragen ganz einfach nicht.

Ich bekomme Lust mal mitzumachen.

Ich verabschiede die Zuhörenden, schalte das Mikro aus und wir diskutieren weiter. Prompt falle ich ihm ins Wort. Ich gebe es zu…je hitziger es wird, desto schwieriger ist es das Format zu wahren. Vielleicht lernt man ja genau das, wenn man im Verein diskutiert.

Wir entscheiden gemeinsam, dass das Zusatzmaterial als Goodie-Folge ausgestrahlt wird und gehen dann fotografieren. Einfach so, ganz gesittet, denn wir sind uns einig geworden, darüber, dass wir nicht einer Meinung sind.

Viel Spaß beim Zuhören!

Shownotes

www.kanzlei-hahn.net
Website von Steffen Hahns Kanzlei

Von Grenzen und Stegen: Die Geschichte einer deutsch-deutschen Familie
Steffens Buch über die Republikflucht seiner Familie und sein eigenes Aufwachsen im wiedervereinten Deutschland.

Facebookseite ADDC
Da die künftige Website des ADDC bald erst online gehen wird, trägt der Verein aktuell bei Facebook Informationen rund um das Debattieren zusammen.

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